Lokales
In der Gruppe Halt finden
Raesfeld. Das Bildungswerk bietet ab Dienstag, 28. März, jeweils von 19.45 bis 21.30 Uhr in der Villa Becker ein Gruppenseminar für Trauernde nach Suizid an. Das Angebot in Zusammenarbeit mit dem Verein TrauerHalt e.V. ist keine Selbsthilfegruppe, sondern ein abgeschlossenes Seminar über ein Jahr in einer festen Gruppe und einem geschützen Rahmen. Angeleitet wird die Gruppe von den beiden professionellen Trauerbegleiterinnen Judith Kolschen und Sabine Kreuzberg. Im Interview erzählt Judith Kolschen, mehr über dieses Angebot.
Von der Caritas gibt es in der Region schon verschiedene Angebote für trauernde Menschen. Wieso bieten Sie eine Extragruppe für Trauernde nach Suizid an?
Dieses spezielle Angebot gibt es in Borken und Umgebung nicht, wir sehen aber den Bedarf. Die Caritas Trauerbrücke bietet Trauernden wertvolle Einzelbegleitungen, einen Trauertreff und das Tanzen für die Seele an, auf diese Angebote verweisen wir sehr gern, sie sind jedoch nicht speziell auf Trauernde nach Suizid ausgelegt.
Die Zahl der Suizide war in Nordrhein-Westfalen auch im Jahr 2021 weiter rückläufig. Im gesamten Kreis Borken gab es laut Statistik 19 Suizide. Gibt es überhaupt Bedarf für so eine Trauergruppe?
In Fachkreisen geht man davon aus, dass nach einem Suizid ca. sechs bis acht Menschen aus dem nahen Umfeld direkt und massiv von der Trauer betroffen sind und das auch über einen längeren Zeitraum, meist über Jahre. Wenn Sie das addieren, sieht die Zahl schon ganz anders aus.
Die besondere Schwierigkeit für Trauernde nach einem Suizid ist das Stigma und allgemeine Tabu, mit dem diese Todesart immer noch belegt ist. Das macht es für Trauernde häufig besonders herausfordernd, sich in anderen, nicht spezifischen Gruppen gut aufgehoben zu fühlen.
Welche Besonderheiten im Trauerprozess gibt es, wenn man einen Angehörigen, Freund oder Bekannten durch Suizid verloren hat?
Einmal das eben angesprochene Tabu, Sprachlosigkeit, Unverständnis und Ratlosigkeit im Umfeld.
Auch Begleitumstände wie Auffindesituation und Überbringung der Todesnachricht sind häufiger potenziell traumatisch. Die fehlende Möglichkeit oder große Angst vor der direkten Abschiednahme vom gestorbenen Menschen kommen leider oft auch noch dazu. Die Themen Vermeidbarkeit des Todes und Schuld stehen mehr im Vordergrund als bei anderen Verlusten, wobei es das auch dort gibt. Nicht zuletzt stellt ein Suizid eventuell die vorige Beziehung neu in Frage oder es gab vorher schon eine länger andauernde Belastung, zum Beispiel durch eine Depression.
Sie moderieren die Gruppe zusammen mit Ihrer Kollegin Sabine Kreuzberg. Wieso zwei Trauerbegleiterinnen?
Jede Gruppenleitung findet idealerweise zu zweit statt: Zwei Begleiterinnen nehmen mehr wahr als eine, und wir haben so jederzeit eine bessere Möglichkeit zu kollegialem Austausch und Reflexion.
Ein weiterer Vorteil: In besonderen Situationen kann sich immer einer Person gezielt zugewendet werden, ohne dass die Gruppenarbeit insgesamt unterbrochen wird.
Frau Kreuzberg und ich arbeiten jeweils seit vielen Jahren mit Trauernden, bieten Gruppen- und Einzelberatung an. Dieses besondere Angebot ist uns ein großes Anliegen und wir freuen uns sehr auf diese Zusammenarbeit.
Wenn jemand Interesse hat an der Gruppe teilzunehmen: Gibt es Beschränkungen? Zum Beispiel wie lange der Suizid zurückliegt oder wie nahe man dem Verstorbenen war?
Nein, in dieser Hinsicht gibt es keine Beschränkungen, weder, wie lange der Suizid zurückliegt noch was den Status der Beziehung betrifft. Auch ein Freund kann von einem Suizid sehr betroffen sein.
Wir führen immer Vorgespräche zum gegenseitigen Kennenlernen, da können alle Fragen und Bedenken besprochen werden.
Anmeldungen sind beim Bildungswerk unter 02865/10073 oder www. bw-raesfeld.de möglich. Vorab erfolgt ein persönliches Gespräch mit den Gruppenleiterinnen. Weitere Infos auch unter www.trauer-halt.de